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Taten statt großer WorteWAZ, 24.03.2013
| Für die Frauen, die nicht im Rampenlicht stehen, für die „fleißigen Bienchen“ aus der zweiten Reihe, für die, die sich in den Dienst der Menschen stellen: Die „Migradonna“ wurde am Wochenende im Kulturraum „die Flora“ zum sechsten mal verliehen. |
Der Preis geht an Migrantinnen, die für ihre besonderen ehrenamtlichen Aktivitäten geehrt werden. Gönül Aktürk, die vor allem älteren Menschen bei Behördengängen hilft, konnte ihr Glück bei der Übergabe des Preises kaum fassen.
Die Frauenbeauftragte der Stadt Gelsenkirchen, Gaby Schäfer, begrüßte gut 100 Gäste „im schönsten Frauenzimmer der Stadt“. Nachdem die erste Migradonna im kleinen Kulturladen „Lalok libre“ verliehen wurde, findet die Veranstaltung traditionell in der Flora statt. Gaby Schäfer: „Es geht darum, die Frauen in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit zu rücken.“
Schäfer bedankte sich bei der Initiatorin des Preises, Venetia Harontzas, für ihr Engagement. Bürgermeisterin Gabriele Preuß, die die Verleihung seit der ersten Stunde begleitet, richtete ihr Grußwort an die Besucher. Ebenfalls auf der Bühne: Die Preisträgerin aus 2012, Nezahat Kilic. „In einer Zeit, in der scheinbar nur noch das Geld regiert, ist es nicht selbstverständlich, dass sich Migranten ehrenamtlich engagieren“, so Kilic in ihrer Ansprache.
Anerkennung bleibt häufig versagt
Ehrenamtliche Beiträge seien ein kostbares Gut. „Und hier bekommen die Frauen die Anerkennung, die sonst häufig versagt bleibt“, berichtet die „Migradonna 2012“ aus eigener Erfahrung.
Die Laudatorin hätte passender nicht sein können: Irene Mihalic, Tochter einer Ungarin und eines Kroaten. Die Gelsenkirchener Bundestagskandidatin der Grünen freute sich über die Einladung: „Ich habe mich geehrt gefühlt, die Laudation zu halten, da der Preis an Frauen geht, die etwas Besonderes, etwas Großes leisten.“ Für Gönül Aktürk fand Mihalic lobende Worte: „Die Preisträgerin hat eine beeindruckende Biographie, und wird zu Recht als Fels in der Brandung des Seniorennetzes bezeichnet.“ Gerührt nahm Gönül Aktürk Urkunde, Skulptur und Blumen entgegen.
Das Rahmenprogramm stand im Zeichen der Sinti und Roma. Kulinarisch und auf der Bühne: Mit verschiedenen Tänzen erinnerte die Jugendgruppe des „Lalok“ an die Wurzeln der Sinti und Roma in ganz Europa, mit traditionellen Tänzen aus der Türkei und mit Flamenco. In kleinen Vorträgen und Filmen wurde an das Schicksal der Sinti und Roma während des Nationalsozialismus’ erinnert.
Die Hilfsbereitschaft liegt ihr am Herzen
971 kam Gönül Aktürk aus der Türkei nach Bielefeld. Nachdem sie 24 Jahre in Berlin gelebt hat, ist sie nach Gelsenkirchen gezogen. „Ich habe Vereinsamung selbst erlebt“, so die 52-Jährige. Heute leistet die examinierte Altenpflegerin Informationsangebote rund um das Thema Pflege, hilft bei Behördengängen, der Wohnungssuche und kümmert sich um Familien, die neu in Deutschland sind.
„Häufig in türkischer Sprache, aber Deutsche kommen auch zu mir“, so Aktürk, die ihre Unterstützung bei der Awo anbietet. „Es liegt in meinem Herzen, hilfsbereit zu sein.“ Schon in Berlin habe sie sich um Nachbarn gekümmert. Jüngst hat sie eine deutsch-türkische ZWAR-Gruppe gegründet.
Patrick Schleu |
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